Marionettentheater zieht Kinder in seinen Bann

Wetzlar-Dutenhofen (lr). „Kaaasper“ schallt es aus rund 50 Kehlen, als das Hanauer Marionettentheater im evangelischen Gemeindehaus in Dutenhofen den Vorhang öffnet. Bereits im dritten Jahr kommt Roland Richter auf Einladung des Vereins „Space Party Crew against Aids“ in den Wetzlarer Stadtteil. Das Stück „Die drei Wünsche“ in drei Akten steht auf dem Programm. Über 100 Kinder und Erwachsene sind ins Gemeindehaus gekommen. Bei dem Stück handelt sich nicht um das bekannte Märchen der Gebrüder Grimm. Richter erzählt, dass seine heute 90-jährige Mutter Gerlinde Richter das Märchen von den drei Wünschen geschrieben hat. Schon mit zwölf Jahren verfasste sie ihr erstes Märchenbuch.
Die Geschichte von den drei Wünschen hat alles, was eine Bühneninszenierung mit Marionetten braucht: Es gibt den König, die Prinzessin, den Kasper, den bösen Zauberer und den kecken Jungen Max. Der Großvater betritt jedoch zuerst die Bühne. Er erzählt, dass der Zauberer im Wald lebt und Menschen verzaubert. So hat er der Prinzessin einen Rüssel dorthin gezaubert, wo man normalerweise eine Nase hat. Den Bauern hat er so verhext, dass er nur noch Schnaps trinkt und seine Kinder schlägt.
Max und Kasper machen sich auf die Suche nach dem Zauberer, dem sie das Handwerk legen wollen. Dabei können sie sich der Hilfe der Kinder sicher sein. Immer wieder feuern sie die beiden an. Als der Zauberer den Kindern zuruft „Ihr seid doch meine Freunde“, erhält er die geballte Antwort lauf zugerufen: „Neiin!“
Immer wieder nimmt Richter die Mädchen und Jungen mit in die Handlung und hält so die Spannung bis zum Schluss. Der Kasper kann den Zauberer dazu bringen, dass er im drei Wünsche freistellt. So wünscht sich der Kasper, dass die Prinzessin wieder eine normale Nase erhält, der Bauer wieder nett zu seinen Kindern ist und der Zauberer niemanden mehr verhext, niemanden belügt und betrügt. Die Geschichte geht gut aus, als der Zauberer und der König ihre alte Freundschaft wieder aufleben lassen.
Vor der Bühne fungiert der 57-jährige Richter als Moderator und Gastgeber, erklärt den Mädchen und Jungen genau den Umbau der unterschiedlichen Bühnenbilder.
Während der Vorführung spielt Richter mit bis zu drei Marionetten. Seine Frau Diana reicht ihm die verschiedenen über einen Meter großen Figuren an.
„Hanauer Marionettentheater“ nennt sich sein Unternehmern. So haben es die Eltern 1968 benannt. Die Familie Richter ist bereits sei 1736 als Schauspieler unterwegs. Roland Richter hat die Arbeit im Jahr 2010 übernommen. In Hanau ist er zwar geboten und Aufgewachsen, heute wohnt er mit seiner Familie im Bad Nauheimer Stadtteil Schwalheim. Dort hat Richter ein „Zimmertheater“ im Wohnzimmer eingerichtet.
Den Kindern erklärt er, dass sein Vater Georg und seine Mutter Gerlinde eine Kiste mit Marionetten in die Wohnung mitgebracht hatten. Doch als Kind durfte er sie nicht anfassen, nur anschauen. Auch das Spielen mit den Marionetten hat er durch Zuschauen beim Vater gelernt. Als der König seine Tochter wieder in die Arme schließen kann und das Märchen aus ist, macht Richter vor der Bühne weiter. Dabei lädt er seine neugierigen Gäste ein die Bühne sowie die kostbaren, teils 300 Jahre alten Marionettenfiguren, hinter der genau unter die Lupe nehmen. Allerdings hat er eine Bitte: Keine der Figuren anfassen, nur schauen. Denn bei einer früheren Vorstellung hat ein Kind mit dem König gespielt und dabei einen Finger von der Holzfigur abgebrochen.
Der Vorsitzende der Space Party Crew, Torsten Weicker, war vor drei Jahren auf das Marionettentheater aufmerksam geworden. Für seine beiden Söhne Jan und Sven fand er die Vorführungen von Roland Richter klasse. Deshalb kam er auf die Idee, das Hanauer Marionettentheater für viele Kinder in Dutenhofen und Umgebung einzuladen. Jedes Mal ist das Gemeindehaus bis auf den letzten Platz gefüllt. „Endlich mal können die Kinder etwas erleben und werden mit ins Geschehen einbezogen. Da sitzen sie nicht vor dem Fernseher oder am Smartphone“, freut sich Weicker. Der Eintritt ist übrigens frei. Die Space Party Crew bittet um Spenden und hat Einnahmen durch den Verkauf von Speisen und Getränken. Mit dem Erlös werden soziale Projekte gefördert. Seit der Gründung im Jahr 2000 hat der gemeinnützige Verein durch Veranstaltungen und Aktionen rund 133.000 Euro gesammelt und weiter gegeben.


Bilder: Roland Richter vom Hanauer Marionettentheater zeigt den Kindern seine Marionetten.
Foto: Rühl
hinter den Kulissen



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